Lesbische, schwule, queere Filme kamen 2015 ins Domstadtkino! Dabei wurden einerseits Filme gezeigt, die kaum noch in Kinos zu sehen sind, wie etwa „Stadt der verlorenen Seelen” von Rosa von Praunheim. Gleichzeitig kamen aktuelle Filme hinzu. Es gab jeweils einen Doppelpack, der regional und überregional interessant war. Durchgeführt wurde die Reihe in Kooperation von Domstadtkino, Hochschule Merseburg und Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt.
Das Programm:
26. Februar 2015 (Donnerstag) | 19:30 | Faustrecht der Freiheit (Fassbinder) |
22:00 | Pride | |
23. April 2015 (Donnerstag) | 19:30 | Freak Orlando |
22:00 | Sturmland | |
25. Juni 2015 (Donnerstag) | 19:30 | Stadt der verlorenen Seelen (Praunheim) |
22:00 | Mommy (Xavier Dolan) | |
27. August 2015 (Donnerstag) | 19:30 | Taxi zum Klo |
22:00 | Interior. Leather Bar | |
29. Oktober 2015 (Donnerstag) | 19:30 | Berlin, Ecke Schönhauser (DDR 1957) |
22:00 | Tiefe Wasser | |
17. Dezember 2015 (Donnerstag) | 19:30 | Milk |
22:00 | Alles ist Liebe (Weihnachtskomödie) |
- 17.12.2015, 19.30 Uhr: Milk (USA 2008, Regie: Gus Van Sant, 128 min)Der US-amerikanische Bürgerrechtler Harvey Milk (Sean Penn) wird als erster offen Schwuler in ein öffentliches Amt gewählt. Der Film basiert auf seiner Biografie und zeigt die institutionelle, aber auch gesellschaftliche Intoleranz gegenüber Lesben und Schwulen im Amerika der 1970er. So scheitern einige seiner Kandidaturen und seine Beziehung geht über seine politischen Bestrebungen in die Brüche. Milk setzt sich trotz starker Rückschläge unermüdlich für die Rechte Homosexueller ein, besonders im Stadtteil Castro, in San Francisco, wo er selbst wohnt. Doch der Bürgerrechtler macht sich nicht nur Feinde, auch enge Freundschaften begleiten seinen Weg und helfen ihm bei seinen Wahlkampagnen.
- 17.12.2015, 22.00 Uhr: Alles ist Liebe (Deutschland 2014, Regie: Markus Goller, 120 min)
Die Liebe finden – das ist der Konsens des Films. Nur hat jeder seine eigenen Probleme damit. Martin verlässt Alice, Hannes will Clara zurück, Kiki sucht den perfekten Mann, Klaus und Viktor wollen heiraten und Kerem ist bereits verheiratet und versucht trotz wenig Geld seiner Familie ein schönes Fest zu ermöglichen. In mehreren kleinen Beziehungsgeschichten zeigen sich die Wünsche, Träume und eben auch Unzulänglichkeiten, die das Verliebtsein so mit sich bringen. In Kombination mit der ohnehin schon aufgewühlten Weihnachtszeit ergeben sich wehmütige, aber auch lustige Situationen. - 29.10.2015, 19.30 Uhr: Berlin, Ecke Schönhauser (DDR 1957, Regie: Gerhard Klein, 81 min)
Dieses Mal wird mit dem DEFA-Kultstreifen „Berlin, Ecke Schönhauser” (1957, Regie Gerhard Klein) eröffnet. Er gehört zu den großen Klassikern und selbst – die wenigen – kritischen Rezensionen, stellten die hohe filmerische Qualität heraus: Der Film gebe eine „bemerkenswert realistische Zeichnung des Ostberliner Alltags. […] Geschildert wir das [Leben der Jugendlichen] in einem unpathetischen Stil, der Parallelen zum italienischen Neorealismus aufweist und die Atmosphäre der Straßen milieuecht einfängt.” (Dieter Krusche, 1977) Der Film handelt von den vier Jugendlichen Dieter, Kohle, Karl-Heinz und Angela, die vor Problemen zu Hause flüchten und ihre eigene Freiheit und Geborgenheit unter dem S-Bahnbogen Schönhauser Allee finden. Sie tanzen Rock 'n' Roll – und geraten in dunkle Geschäfte, während sich zwischen Dieter und Angela eine zärtliche Liebe entwickelt. Doch die dunklen Geschäfte wiegen schwerer: Nach einem vermeintlichen Totschlag müssen sie in den Westen der Stadt in ein Auffanglager flüchten… (Quelle: http://www.stadt-im-film.de/film-schoenhauser.php ) - 29.10.2015, 22.00 Uhr: Tiefe Wasser (Polen 2013, Regie: Tomasz Wasilewski, 89 min)
Auch der um 22:00 Uhr folgende Film „Tiefe Wasser” (2013, Regie Tomasz Wasilewski) handelt von einer Jugendliebe und ihren Herausforderungen. Er spielt in Polen. Kuba und Michal lernen sich in einer Kunstausstellung in Warschau kennen. Silwia, die Freundin von Kuba, erkennt sofort die sich anbahnende Liebe zwischen den Jungs… Sie findet im grauen Großstadtalltag und dem Leben eines Leistungsschwimmers (Kuba), der selbst dopt, ihren Rahmen. Dem Regisseur Tomasz Wasilewski gelinge es in „Tiefe Wasser” die „betörend flüchtigen Gefühle einzufangen”, heißt es in einer Rezension in der ZEIT. Der in Karlovy Vary ausgezeichnete Film ist „beeindruckend gespielt” und „transportiert […] die Sehnsucht junger Menschen nach einem freien, selbstbestimmten Leben und Liebe, das jedoch vielfach von großer Einsamkeit geprägt ist. So geht es gar nicht in erster Linie darum, dass wir unsere Sexualität akzeptieren, sondern um unser Menschsein in seiner ehrlichsten Form.” (Quelle: http://www.kino.de/film/tiefe-wasser-2013/ ) - 27.08.2015, 19.30 Uhr: Taxi zum Klo (BRD 1980, Regie: Frank Ripploh, 91 min)
Ripplohs Film ist inzwischen ein Klassiker über die Berliner Szene in der noch geteilten Stadt. Er erzählt humorvoll das teilweise unbegrenzte Verlangen nach Sex bei jeder Gelegenheit, wie es in der Zeit nach der AIDS-Epidemie nicht mehr stattfindet. (Quelle: http://domstadtkino-merseburg.de/kino/events/city249/event9941 ) - 27.08.2015, 22.00 Uhr: Interior. Leather Bar. (USA 2013, Regie: James Franco, 60 min)
Hollywood-Star James Franco ist als Grenzgänger bekannt. Er greift den Skandal über den Spielfilm „Cruising” von 1980 auf, in dem Al Pacino einen in der New Yorker Schwulenszene undercover arbeitenden Agenten spielt und aus dem 40 Minuten Sexszenen herausgeschnitten wurden. In „Intereior. Leather Bar.&rdquo zeigt Franco nun ein fiktives Making-of der Szenen, die damals nicht gezeigt wurden. (Quelle: http://domstadtkino-merseburg.de/kino/events/city249/event9941 ) - 25.06.2015, 19.30 Uhr: Stadt der verlorenen Seelen (BRD 1983, Regie: Rosa von Praunheim, 91 min)
Der Spielfilm „Stadt der verlorenen Seelen” (1983) von Rosa von Praunheim gehört zu den Klassikern der Filmkunst. Er portraitiert acht amerikanische Underground-Showstars – von der schwarzen Sängerin über die transsexuelle Ladyrocksängerin bis zum homosexuellen Trapezkünstler. Bereits mit dem Titel zielt Praunheim auf Berlin – der Spiegel urteilte: „[G]egen die aufgeschminkte Stadt und ihr Festival des Depressionskinos strahlt Praunheim wie eh und je einen berserkerhaften Optimismus aus: ‚Berlin ist das Mekka für alles Neue, Extreme und Ausgeflippte.’” (Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14022996.html) - 25.06.2015, 22.00 Uhr: Mommy (Kanada 2014, Regie: Xavier Dolan, 138 min)
Diane ist eine alleinerziehende Mutter und mit ihrem Sohn Steve überfordert. Steve ist ein einziges Energiebündel. Die Lage ändert sich, als die mysteriöse Kyla in ihr Leben tritt. Nach und nach entwickelt sich zwischen den dreien eine eigenartige Beziehung… „Wie dieser Kuss [intensiv, unbedacht und übermütig], ist auch Xavier Dolans fünfter Film ‚Mommy’: Zu lang, zu intensiv, halb Übergriff, halb Zärtlichkeit – und genau deshalb ein Triumph, an dessen Ende man sich fragt, warum man sich im Kino eigentlich so häufig mit weniger zufriedengibt.” (Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/kino/mommy-von-xavier-dolan-kommt-in-die-kinos-a-1002324.html) - 23.04.2015, 19.30 Uhr: Freak Orlando (BRD 1981, Regie: Ulrike Ottinger, 126 Minuten)
Freak Orlando ist an den Roman Orlando. Die Geschichte eines Lebens (von Virginia Woolf) angelehnt. Die Hauptfigur Orlando tritt in fünf Akten mit verschiedenen Geschlechtern auf. Dabei durchquert sie, ohne zu altern, die Zeitgeschichte von der Barockzeit bis zur Gegenwart. Kurz: „Eine Irrtümer, Inkompetenz, Machthunger, Angst, Wahnsinn, Grausamkeit und Alltag umfassende ‚Histoire du monde’ am Beispiel der Freaks von den Anfängen bis heute als Kleines Welttheater in fünf Episoden – erzählt von Ulrike Ottinger.” (Quelle: http://www.ulrikeottinger.com/index.php/freak-orlando.html) - 23.04.2015, 22.00 Uhr: Sturmland (D/Ungarn 2014, Regie: Ádám Császi, 107 Minuten)
Ein deutsch-ungarisches Drama über zwei schwule Jungs. Nach einem verpatzten Spiel entscheidet sich das Fußball-Nachwuchstalent Szabi in ein ungarisches Dorf zurückzukehren. Dort möchte er als Imker leben. Der junge Mann Áron hilft ihm bei allerlei anstehenden Arbeiten – sie flicken gemeinsam das Dach des Hauses und reparieren das Motorrad. Dann kommen sie sich auch körperlich näher. In der Süddeutschen Zeitung (01.12.2014) würdigt Josef Wirnshofer den Film und stellt heraus, warum er auch gerade jetzt – vor dem Hintergrund erstarkenden Rechtspopulismus und -extremismus in Europa – wichtig ist: „Seit Viktor Orbán 2010 zum Regierungschef gewählt wurde, geht ein gehöriger Rechtsruck durch dieses Land. Schwierige Bedingungen für Menschen, die schwul sind.” (Quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/sturmland-im-kino-verstohlene-liebe-1.2244937) - 26.02.2015, 19.30 Uhr: Faustrecht der Freiheit (BRD 1974, Regie: Rainer Werner Fassbinder)
Zwischen Melodram und ironischer Dialektik schwankend, wird vielfach als Fassbinders Abrechnung mit der Schwulenszene wie autobiographische Geschichte gesehen. Auch er empfand sich nicht als begehrenswert und in der auf Äußerlichkeiten fixierten Szene ohne großen “Marktwert”. Nach der Premiere wurde Fassbinder mit dem Vorwurf konfrontiert, einen schwulenfeindlichen Film gemacht zu haben, bei dem die Homosexuellen-Szene als unmenschlich gezeigt wird. Fassbinder selbst lag daran, mit seiner Geschichte vorzuführen, dass die verbindende gesellschaftliche Außenseiterrolle der Schwulen noch keine Basis für die Überwindung sozialer Schranken und die damit verbundenen Vorurteile darstellt. (Quelle: Out im Kino – Das lesbisch-schwule Filmlexikon, S.117) - 26.02.2015, 22.00 Uhr: Pride (GB 2014, Regie: Matthew Warchus)
1984 in England… Eine ausgelassene Schwulen- und Lesbentruppe aus London trifft auf streikende Waliser Bergarbeiter. Irritationen beim ersten Aufeinandertreffen sind vorprogrammiert! Doch spätestens als der exzentrische Jonathan den hüftsteifen Walisern zeigt, was echtes Disco-Feeling ist, scheint das Eis gebrochen… Doch nicht in jedem Waliser finden die couragierten Großstädter einen dankbaren Verbündeten und stellen so ein ganzes Dorf auf den Kopf. Die LGSM (Lesbians and Gays Support the Miners) sammelt für ihre Kumpel Geld in bunten Eimern und stellen sich damit farbenfroh der gnadenlosen Politik von Margaret Thatcher entgegen. Zwischen den neuen Komplizen entwickelt sich eine besondere Freundschaft, mit bis heute historischen Folgen… (Quelle: http://www.senator.de/movie/pride)